„Es gibt für uns noch viel zu tun“, fasst Renate Divitschek, Geschäftsführerin der bab Unternehmensberatung GmbH, die Ergebnisse der nationalen Abschlusskonferenz des Forschungsprojektes „DigiTyps“ zusammen.
Im Rahmen dieser Veranstaltung am Institut für Höhere Studien in Wien (IHS) Mitte November wurde von nationalen und internationalen Expert*innen die Frage beantwortet, wie sich die Digitalisierung auf die Geschlechterstereotypen und -verhältnisse auswirkt.
Stereotype: Was hat es damit auf sich?
Edelgard Kutzner von der Sozialforschungsstelle Dortmund (TU Dortmund) referiert darüber, wie Stereotype bewusst und unbewusst das Handeln in der Arbeitswelt beeinflussen. Auf der einen Seite brauchen wir Stereotype, weil diese uns Orientierung in einer komplexen Welt geben, auf der anderen Seite können diese unsere Wahrnehmung der Realität verzerren, indem sie bestimmten Personengruppen Eigenschaften als festgelegt zuschreiben. Neue Technologien können ein Anlass sein, Geschlechterstereotype zu hinterfragen und zu verändern. In der Praxis kommt es in den beforschten Betrieben einerseits zu einer Aufwertung, andererseits aber auch zu einer Stabilisierung und teilweise sogar zu einer Abwertung von Frauenarbeit. Über Chancen und Risken der Digitalisierung für die Geschlechterverteilung in der Arbeitswelt entscheidet nämlich nicht die Digitalisierung per se. Ausschlaggebend ist stattdessen, ob die Beteiligten im Rahmen der damit verbundenen Änderungen der Arbeitsorganisation Chancen ergreifen, Arbeit neu und chancengerechter zu organisieren. Benachteiligung kann sich also dort fortsetzen, wo dem nicht aktiv entgegengewirkt wird.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch die Expert*innen des Projektes DigiTyps, Marcel Fink und Gerlinde Titelbach vom IHS, die über die Ergebnisse der durchgeführten Studie berichten. Digitalisierung ist ein branchenübergreifendes Phänomen und der Bedeutungsgewinn digitaler Technologien hat auch traditionelle Frauenbereiche erfasst. Dabei bringt die Digitalisierung eine grundlegende Veränderung von Tätigkeiten, Kompetenzen und der Arbeitsorganisation. Aber Digitalisierung allein hat keinen Effekt auf die Geschlechterstereotype und Geschlechtersegregation in der Arbeitswelt. Diese sind ein gesellschaftliches Phänomen und quer durch alle Branchen und Bereiche weiterhin aufrecht. So werden in den Befragungen1 Frauen eher sozial-kommunikative Fähigkeiten, Männern eher technisches Verständnis und Umgang mit technischen Geräten zugeschrieben. Und obwohl die sozial-kommunikativen Fähigkeiten im Zuge der Digitalisierung an Stellenwert gewinnen, und hier auch Frauen in einer wichtigen Rolle wahrgenommen werden, werden dennoch Männern eher in der Entwicklung, Programmierung und Wartung von digitalen Technologien gesehen.
Ronja Nikolatti und Claudia Sorger von L&R Sozialforschung bieten anschließend Einblicke, wie Jugendliche und Verantwortliche der Berufsberatung zu diesem Thema stehen. So lehnen Jugendliche Geschlechterstereotype zwar ab, dennoch ist ihr Denken und Handeln von Geschlechterstereotypen geprägt und ein bestimmender Faktor in ihrer Berufswahl. Auch in der Berufsorientierung geben Verantwortlichen immer wieder traditionelle Geschlechtsstereotype unhinterfragt und unbewusst weiter und verstärken diese dadurch. Elena Makarova von der Universität Basel betont diesbezüglich die Wichtigkeit einer gendersensiblen Berufsorientierung und bringt auch gleich praktische Hilfestellungen mit. So zum Beispiel ein serious game, das vom Institut für Bildungswissenschaften an der Uni Basel entwickelt wurde und in der gendersensiblen Berufsorientierung eingesetzt werden kann: www.like2be.ch
In der anschließenden Podiumsdiskussion zu Strategien und Gestaltungsoptionen sind sich die Teilnehmenden von AMS, ABZ, bab, BMF, LEA und dem Netzwerk der Frauen- und Mädchenberatungsstellen einig: Digitalisierung alleine wird die Geschlechterverhältnisse in der Arbeitswelt nicht verändern. Daher gibt es viel zu tun, in Berufsorientierung wie in Betrieben. Und es gibt vielfältige Ansätze für eine positive Veränderung. Beispielsweise hilft es, positive (Vor)-Bilder aufzuzeigen und in jedem Beruf diverse Identifikationsmöglichkeiten zu schaffen, Verantwortliche in Bezug auf Geschlechterstereotype zu sensibilisieren oder bei der Personalsuche auf gendersensibles Recruiting zu achten.
Damit letzteres leichter gelingt, hab wir – die bab Unternehmensberatung – im Rahmen von DigiTyps den DigiGuide entwickelt. Dieser unterstützt KMU bei einer Personalsuche, die das gesamte Arbeitspotenzial umfasst. Schauen Sie doch mal vorbei: Hier geht’s zum DigiGuide
Mehr Informationen über die Forschungsergebnisse von DigiTyps finden Sie auf der DigiTyps-Website.
1 Befragt wurden u.a. Geschäftsführer*innen, Personalist*innen, Betriebsräte, Führungskräfte und Mitarbeiter*innen in Unternehmen (Produktion, IKT) und Organisationen (Bildung, Gesundheit).